In der Vergangenheit habe ich schon des Öfteren betont, wie wichtig es heute für Finanzinstitute ist, Beratertandems aufzubauen. Denn durch das Zusammenspiel von Beratern unterschiedlicher Ressorts lassen sich heute Kunden umfassender beraten und zugleich mehr Erträge durch Cross-Selling ausschöpfen. Doch unter dem Eindruck der aktuellen Zinspolitik zeigen sich auch immer stärker die Vorteile einer weiteren Konstellation: des Trios.
Warum drei besser sind als zwei
Aufgrund der momentanen Zinspolitik besteht für Finanzinstitute aktuell eine latente bis akute Gefahr sogenannter „Zombie-Firmen“. Insbesondere mit zwei Arten dieser „untoten Unternehmen“ werden es Berater in Zukunft häufiger zu tun bekommen:
- Zinszombie-Firmen: Unternehmen, die eigentlich nicht mehr profitabel wirtschaften, aber noch durch niedrige Zinsen am Leben erhalten werden. Die Rückzahlung von Krediten ist hier meist gefährdet – und würden die Zinsen mit einem Mal ansteigen, könnte das Unternehmen wahrscheinlich nicht mal diese begleichen.
- Produktionszombie-Firmen: Unternehmen, die aktuell noch profitabel sind, da sie ein Produkt herstellen, das momentan noch gekauft wird. Allerdings besteht bei solchen Firmen eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Produkt in naher Zukunft nicht mehr benötigt wird und dann die Umsätze einbrechen.
Beide Arten von Unternehmen benötigen spezifische Kombinationen. Für Zinszombies brauchen Institute ein Tandem aus Firmenkundenberater und Marktfolgemitarbeiter. Letzterer kann dann frühzeitig in den Beratungsprozess eingreifen und Risiken identifizieren.
Produktionszombies, die Gefahr laufen, bald redundante Produkte herzustellen, oder das Kaufverhalten der Kunden nicht mehr im Griff haben (wie es aktuell bei einem großen Reiseanbieter der Fall ist), benötigen wiederum eine Kombination aus Firmenkundenberater und Private-Banking-Berater. Denn hier gilt es, die Neuorientierung des Unternehmens mitzugestalten. So lassen sich Chancen, die sich aus dem Umbruch ergeben, frühzeitig ergreifen – was wiederum neue Erträge für das Institut bedeutet.
Doch hier kristallisiert sich bereits heraus: Diese Tandems sind immer dann am effektivsten, wenn sie nicht in sich geschlossen sind. Stellt die Kombination aus Firmenkunden- und Private-Banking-Berater beispielsweise bei einem Unternehmen fest, dass der Verkauf der Firma die beste Option ist, bis dahin aber noch weitere Investitionen benötigt werden, dann wird idealerweise direkt der Marktfolgemitarbeiter hinzugezogen. Und ist der Marktfolgemitarbeiter dann bereits fest in einer Trio-Struktur integriert, spart sich das Institut Zeit und Aufwand für die Vorbereitung des anstehenden Gesprächs.
Wie lassen sich Trios aufbauen?
Genau wie Tandems müssen Trios hervorragend aufeinander abgestimmt sein – das bedeutet nicht nur, sich zuzuarbeiten (auch schon bei der Vorbereitung auf Kundengespräche), sondern auch während der Beratungsgespräche genau die Rollenverteilung zu kennen. Idealerweise sollten Trios also so früh wie möglich als Gruppe trainiert werden. In der Praxis lässt sich dies mitunter nicht ganz so leicht umsetzen. Deshalb kann es sinnvoll sein, zunächst zwei Tandems (FKB+PBB und FKB+Marktfolge) zu etablieren und diese erst dann zu einem Trio zusammenzufügen, sobald beide Tandem-Kombinationen optimal aufeinander abgestimmt sind.
Ist das Trio gebildet, sollte es sich zunächst vornehmlich auf Tandem-Gespräche konzentrieren. Mit anderen Worten: Die drei Personen aus unterschiedlichen Ressorts identifizieren zusammen die Chancen, Möglichkeiten und Risiken der jeweiligen Kunden und entscheiden gemeinsam, welche Tandem-Kombination des Trios zum Gespräch kommt. Ist das Trio dann irgendwann perfekt aufeinander abgestimmt, kann es sich auch an die komplexeren Trio-Beratungen mit den Unternehmern und deren Vertrauten, wie z.B. dem kaufmännischen Leiter, wagen.
Welche Vorteile haben Trios?
Ein aufeinander abgestimmtes Trio kann in den unterschiedlichsten Themenbereichen kompetent beraten, den subjektiven Wohlfühlfaktor stärken, den Kunden umfassender an das eigene Institut binden und Chancen für zusätzliche Erträge sofort nutzen. Alle involvierten Personen profitieren dabei von der Kombination auch durch ihre eigene Weiterbildung:
- Der Firmenkundenberater ist die koordinierende Konstante im Trio und erhält so Einblicke in andere relevante Geschäftsbereiche.
- Der Private-Banking-Berater erlangt ein Verständnis für Kredit- und Investitionsentscheidungen. Insbesondere die Argumentationsketten, die zu Kreditentscheidungen innerhalb des Instituts führen, werden dem Berater so nähergebracht.
- Der Marktfolgeberater erlangt über Private-Banking- und Firmenkundenberater ein Gespür für zusätzliche Ertragspotenziale, erlernt „Soft Facts“ aus dem Themenbereich Risikoeinschätzung und erkennt, wie beispielsweise der Private-Banking-Berater über das Generationenmanagement zur Risikominimierung beitragen kann.
Für das Institut bedeutet das Heranziehen solcher Trios vor allem gesparte Zeit und eine höhere Effektivität beim Kundengespräch: Cross-Selling-Optionen können besser herausgearbeitet und gezielt durch entsprechende Trios erschlossen werden. Dadurch lassen sich auch noch die letzten Potenziale effektiv aus einem Kunden herausholen. Dies ist vor allem bei der strategischen Weiterentwicklung der Top-30-%-Kunden des Instituts wichtig, denn diese erfordern eine hervorragende Kombination aus Risikominimierung und Ertragsoptimierung. Aufeinander eingespielte Trios holen aus diesen wichtigen Kunden das Maximum heraus.
Mit welchen Aufgaben wird das Trio betraut?
Das Trio sollte vor allem dann als Trio agieren, wenn es um die allgemeine Überprüfung von Top-Kunden-Verbünden geht. Das sollte generell mindestens einmal im Jahr geschehen und systematisch das Gestern, Heute, Morgen und Übermorgen beleuchten. Diese Überprüfung dient dem Institut dazu, (Ertrags-)Chancen und Risiken zu erkennen sowie die Kundenstrategie entsprechend anzupassen.
Vor jedem kleinen Kundentermin alle drei Mitarbeiter einzuberufen, wird im Tagesgeschäft nicht möglich sein. Zumindest aber zu den Jahres- und Strategie-Gesprächen mit dem Kunden sollten alle drei Mitarbeiter eine gemeinsame Vorbereitung abhalten, damit jeder im Bilde ist.
Insbesondere für die interne Planbarkeit der Abteilung Marktfolge, die einen Mitarbeiter für das Trio bereitstellt, ist es von Vorteil, wenn bei der Aufstellung des Trios einige Punkte beachtet werden:
- Nicht jeder Marktfolgemitarbeiter ist sinnvoll im Trio einsetzbar und will dies ggf. auch nicht.
- Je nach Typologie oder Thema macht es auch nicht bei jedem Kunden Sinn, die Marktfolge mit einzubeziehen.
- Marktfolgemitarbeiter können auch zu Kunden mitgenommen werden, bei denen es aktuell keine Probleme, sondern eher Chancen gibt.
Das Duo Firmenkundenberater und Private-Banking-Berater sollte sich also vor jedem Gespräch genau überlegen, ob ein Marktfolgemitarbeiter dabei sein muss. Erfahrungsgemäß sind es pro Jahr nur eine kleine Anzahl an Gesprächen, bei denen der Mitarbeiter tatsächlich sinnvoll einzusetzen ist.
Übrigens: Der Marktfolge-Mitarbeiter sollte nicht dazu da sein, dem „Markt“ konkrete Produkte und Dienstleistungen mitzuteilen. Meist reicht es für die Marktfolge aus, intern Daten systematisch und zielgerichtet aufzubereiten. Aufgabe des Firmenkunden- und Private-Banking-Beraters ist es dann, darauf basierend eine taktische Vorgehensweise zu entwickeln.
Wichtige Eigenschaften und Erfolgsfaktoren für Trios
Viele Regeln, die bereits für Tandem-Kombinationen gelten, können genauso für Trios übernommen werden. Allerdings werden durch die dritte Person einige Regeln neu gewichtet.
Insbesondere ist es im Trio ungemein wichtig, dass eine klare Rollenverteilung herrscht und diese auch dem Kunden kommuniziert wird. Schließlich steigt mit der Anzahl der Mitglieder des Teams auch die Anzahl der Füße, auf die man sich gegenseitig treten kann. Unternehmer reagieren erfahrungsgemäß sehr positiv, wenn ihnen klar und verständlich erklärt wird, welcher der Institutsmitarbeiter beispielsweise im Nachgang zu welchem Thema angesprochen werden kann (oder eben „bitte nicht“). Denn das spart Zeit auf allen Seiten.
Auch die „Spielregeln“ des Trios sollten klar ausgearbeitet sein – wie bereitet man sich auf Kundentermine vor, welche Daten werden benötigt? Um am selben Strang zu ziehen, muss dies koordiniert werden, insbesondere, da nunmehr gleich drei Persönlichkeiten mit der des Kunden und seines Umfelds kollidieren können. Und selbstverständlich sollte sich das Trio intern strategisch besprechen, sodass alle auf derselben Wellenlänge sind: Wo steht der Kunde überhaupt, wo will er hin und was bedeutet er für das eigene Institut? Das Trio hat eine strategische Kundenverantwortung und sollte sich dessen bewusst sein. Und aus verschiedenen, oft internen Gründen ist zu empfehlen, dass jedes Haus selbst entscheidet, ob Mitarbeiter aus der Marktfolge (z.B. Analysten) mit zum Kunden fahren sollen. Doch in jedem Fall sollte die gemeinsame Kundenanalyse immer im Trio erfolgen.
Aus über 2.500 Coachings weiß ich, dass diese Faktoren extrem wichtig für die Akzeptanz des Trios beim Kunden sind. Ist das Trio untereinander nicht einer Meinung, würde eine solche Kombination vom Kunden als unnötige Personalaufblähung wahrgenommen. Sind jedoch die Kompetenzen klar verteilt und alle Mitglieder des Trios jederzeit auf dem neuesten Stand, erkennt der Unternehmer es als ein „Expertengremium“ an, das ihm in einer großen Anzahl wichtiger Fragen beiseitestehen kann. Dann nimmt er das Trio erfahrungsgemäß mit großer Begeisterung auf, da er sich rundum versorgt fühlt. Selbst, wenn dann „nur“ ein Tandem aus Firmenkunden- und Private-Banking-Berater zum Gespräch kommt, merkt der Kunde schnell, dass sich diese auch mit der Marktfolge auseinandergesetzt haben.
Berater-Kombinationen für Top-Kunden
Trios sind also eine hervorragende Möglichkeit, die obersten 30 % der Kundschaft besonders umfassend zu betreuen – sofern die Mitglieder des Trios hervorragend aufeinander abgestimmt sind. Doch wie bereits das Beratertandem sind auch Trios darauf angewiesen, im Institut mit anderen Geschäftsbereichen zusammenzuarbeiten. In einigen Fällen kann diese Zusammenarbeit dann so weit gehen, dass es Sinn macht, Beraterquartette aufzubauen und im nächsten Schritt ausgewachsene interne Kundenkonferenzen zu organisieren. Wie das geht und welche Vorteile dabei entstehen, zeige ich nächste Woche hier im Versteher-Magazin.
Kontakt
Dirk Wiebusch
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